Nach dem Richtwertgesetz hätte die Bundesministerin für Justiz grundsätzlich die Verpflichtung, die jeweils neuen Richtwerte im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Bis dato wurde dies für das Jahr 2022 noch nicht gemacht. Aus Sicht der Praktiker ist dies heuer ausnahmsweise auch nicht notwendig und für die Erhöhung der Richtwerte unerheblich, ob das Bundesgesetzblatt doch noch kommt oder nicht.
Ausgangslage
Der sog. „Richtwert“ gilt für Wohnungen, die unter den sogenannten Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetz (MRG) fallen. Er betrifft vor allem Altbauwohnungen, die vor dem Ende des 2. Weltkrieges erbaut wurden und nicht größer als 130 m² sind. Zum überwiegenden Teil somit Wohnungen in der Bundeshauptstadt Wien. Der Richtwertmietzins gibt die Begrenzung des Hauptmietzinses in Österreich an. Der Hauptmietzins setzt sich zusammen aus dem Zins (Richtwert) sowie Betriebskosten und Umsatzsteuer.
Gemäß § 4 des Richtwertgesetzes hat „die Bundesministerin für Justiz […] die geänderten Richtwerte und den Zeitpunkt, in dem die Richtwertänderung mietrechtlich wirksam wird, im Bundesgesetzblatt kundzumachen“.
Das Bundesgesetzblatt mit der Kundmachung der neuen Richtwerte wurde bis dato immer noch nicht erlassen.
Nachwirkungen aus dem Jahr 2021
Im Jahr 2021 wurde vom Nationalrat das Mietzinsrechtliche Pandemiefolgenlinderungsgesetz (MPFLG) beschlossen, welches die Anhebung der Richtwerte und somit vieler Mieten für das Jahr 2021 pandemiebedingt aussetzte. In dessen Artikel 2 wurde Folgendes geregelt:
„Am 1. April 2022 und ein weiteres Mal am 1. April 2023 und danach sodann jedes zweite Jahr vermindern oder erhöhen sich die Richtwerte in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex 2010 des jeweiligen Vorjahrs gegenüber dem Indexwert 116,3 (Durchschnittswert des Jahres 2018) ergibt“.
Die Juristen scheinen sich recht einig darüber zu sein, dass es daher unerheblich sei, ob die neuen Richtwerte nun doch noch von der Ministerin für Justiz amtlich kundgemacht werden oder nicht.
Die Steigerung beträgt knapp unter 6%, hier die neuen Richtwerte vorab für jedes Bundesland:
Bundesland | 1. April 2019 | NEU: 1. April 2022 |
Burgenland | 5,30 € | 5,61 € |
Kärnten | 6,80 € | 7,20 € |
Niederösterreich | 5,96 € | 6,31 € |
Oberösterreich | 6,29 € | 6,66 € |
Salzburg | 8,03 € | 8,50 € |
Steiermark | 8,02 € | 8,49 € |
Tirol | 7,09€ | 7,50 € |
Vorarlberg | 8,92 € | 9,44 € |
Wien | 5,81 € | 6,15 € |
Ab wann müssen Mieter den höheren Mietzins bezahlen?
Damit die Mietzinserhöhung gültig wird, muss sie dem Mieter mindestens 14 Tage im Vorhinein schriftlich mitgeteilt werden. Da laut Mietrechtsgesetz die Miete am 5. des Monats fällig ist, muss die Erhöhung bis zum 21. des Monats zugestellt werden, ansonsten wird diese erst im Folgemonat gültig.
von Dr. Daniel Köll, MSc, redaktion@immobilien.blog