Im Gegensatz zu unseren Nachbarn aus Deutschland ist das Leibrenten-Modell in Österreich noch nicht allzu sehr verbreitet. Dabei könnte es, bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung, sowohl für den Verkäufer als auch den Käufer, Vorteile gegenüber einem sofortigen Kauf bringen.
Was bedeutet „Kauf auf Leibrente“?
Einige gesetzliche Regelungen dazu finden sich insbesondere in den §§ 1284 ff ABGB. Im Gegensatz zum sofortigen Kauf wird der Kaufpreis nicht auf einmal an den Verkäufer ausbezahlt, sondern leistet der Käufer an den Verkäufer regelmäßige (meist monatliche) Ratenzahlungen. Es kann in der Praxis auch eine Kombination aus beiden Elementen (Zahlung Kaufpreis samt Ratenzahlungen) sein, je nach Vereinbarung.
Die Dauer der Ratenzahlung ist in den überwiegenden Fällen an die Lebensdauer des Verkäufers gebunden. Die Juristen sprechen daher auch davon, dass die Leibrente einen sogenannten „Glücksvertrag“ darstellt. Es nehmen beide Seiten (Käufer und Verkäufer) das Risiko der Unsicherheit der Lebensdauer des Verkäufers auf sich. Einfach gesprochen: Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Leibrentenvertrages ist nicht klar, wie lange der Verkäufer leben wird. Stirbt dieser früher als im Zuge der Kaufpreisberechnung angenommen, hat der Käufer günstig eine Immobilie erworben. Lebt der Verkäufer länger, so erwirbt der Käufer eventuell teurer als erwartet.
Welche Arten der Leibrente gibt es?
Leibrentenverträge sind grundsätzlich formfrei, ausgenommen zwischen Ehegatten, die in Form eines Notariatsaktes zu vereinbaren sind. In der Praxis findet sich häufig eine der drei folgenden Varianten:
- Der bisherige Eigentümer zieht noch zu Lebzeiten (sofort nach Kaufpreiszahlung oder nach einer gewissen, vertraglich vereinbarten Zeit) aus und überlässt die Immobilie dann dem Käufer.
- Der bisherige Eigentümer und der Käufer leben gemeinsam in der Immobilie (zB bei größeren Häusern).
- Der bisherige Eigentümer bleibt Zeit seines Lebens in der Immobilie und der Käufer zieht erst nach dessen Ableben ein.
Wie hoch ist die Leibrente?
Diese ist zwischen Käufer und Verkäufer frei vereinbar. Meist wird zuerst ein entsprechendes Verkehrswertgutachten über die Immobilie erstellt, also dessen aktueller Marktwert ermittelt. Vereinfacht gesprochen wird dieser Wert durch die zu erwartende Lebensdauer des Verkäufers in Monaten dividiert und man erhält die monatlich vom Verkäufer zu bezahlende Rate.
In der Praxis ist der Berechnungsvorgang etwas komplexer, da zB ein lebenslanges oder befristetes Wohnrecht des Verkäufers, eine evtl. vereinbarte Kaufpreiszahlung, künftig zu erwartende Instandhaltungskosten, usw. zu berücksichtigen sind.
Mögliche Vor- und Nachteile für den Verkäufer
Interessant ist es für Verkäufer insbesondere dann, wenn keine Nachkommen vorhanden sind und man sich um das Erbe keine Gedanken zu machen braucht. Durch das Leibrenten-Modell kann der Verkäufer in seiner gewohnten Umgebung bis zu seinem Tod wohnen. Durch die Kaufpreiszahlung und/oder die monatlichen Raten erhält er zusätzliche finanzielle Mittel.
Je nach Käufer besteht das Risiko, dass Zahlungen (auf Grund von Zahlungsschwierigkeiten oder Insolvenz) ausbleiben. In der Praxis wird dieses Risiko zumeist durch Einverleibung eines Pfandrechtes auf der verkauften Liegenschaft zugunsten des Verkäufers (=vormaliger Eigentümer) abgesichert.
Mögliche Vor- und Nachteile für den Käufer
Der größte Vorteil liegt wohl darin, dass nicht sofort der gesamte Marktwert für eine Immobilie gezahlt werden musss. Somit kann auch teilweise eine Kreditaufnahme entfallen, weil die Zahlung(en) – je nach finanzieller Lage des Käufers – aus Eigenmitteln erfolgen.
Nachteilig ist auf den ersten Blick natürlich der ungewisse Zeitraum, über den man die Zahlungen zu leisten hat um in den Genuss der Immobilie zu kommen. Dies kann sich – daher „Glücksgeschäft“ – in einen Vorteil umkehren, wenn der Verkäufer früher als erwartet aus dem Leben scheidet. Es kann aber auch ins negative umschlagen, wenn der Verkäufer (viel) länger lebt als angenommen und der Käufer im Normalfall auch nicht aus seinem Vertrag herauskommt.
Fazit:
Die Leibrente kann unter gewissen Umständen für den Verkäufer eine echte Alternative zu einem „normalen“ Verkauf seiner Immobilie darstellen, insbesondere, wenn nicht für nachfolgende Generationen vorgesorgt werden soll. Eine vorherige eingehende Beratung ist auf Grund der vielfältigen Regelungsmöglichkeiten jedoch dringend angezeigt!
von Dr. Daniel Köll, MSc, redaktion@immobilien.blog